Die Klimaneutralität ist nur zu erreichen, wenn die Treibhausgasemissionen weltweit drastisch sinken. Unvermeidbare Restemissionen müssen zusätzlich durch den Entzug von Kohlenstoffdioxid (CO2) aus der Atmosphäre – sogenannte Carbon Dioxide Removals (CDR) – ausgeglichen werden. Studien schätzen, dass in Europa über 100 Millionen Tonnen CO2/ bis 2050 entnommen werden müssen, um die Netto-Nullemissionen zu erreichen (EU-Kommission, 2024). Zum Vergleich: der Industriesektor in Deutschland emittierte 2024 rund 150 Millionen Tonnen CO2 (UBA, 2025).
Das 2024 von der EU verabschiedete Carbon Removal Certification Framework (CRCF) definiert CO2-Entnahme als „die anthropogene Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre und dessen dauerhafte Speicherung in geologischen, terrestrischen Speichern sowie in den Speichern der Ozeane oder in langlebigen Produkten“ (EU-Kommission, 2024). Auch wenn darüber hinaus noch keine einheitliche Taxonomie existiert, gibt es eine Reihe unterschiedlicher Technologien, die derzeit grundsätzlich möglich sind (siehe Abbildung).
Damit die erforderlichen Mengen erreicht werden, braucht es einen schnellen Markthochlauf dieser Technologien. Das Potenzial ist groß: Studien skizzieren langfristig einen globalen Milliardenmarkt für die CO2-Entnahme. Allein in Deutschland könnte eine CO2-Entnahme-Industrie entstehen, die jährlich rund 70 Milliarden Euro erwirtschaftet und zwischen 95.000 und 190.000 Arbeitsplätze schafft (DVNE, 2025). Der aktuelle Engpass beim Hochlauf liegt vor allem in den hohen spezifischen Kosten, für die es noch zu wenig verlässliche Finanzierungsmöglichkeiten gibt sowie in der derzeitigen geringen Nachfrage.
Ein Schlüsselbaustein der zukünftigen Finanzierung könnte die Vermarktung von CDR-Zertifikaten (CDR-Credits, CRCF-Credits bzw. Carbon Credits) sein. Diese sind handelbare Bescheinigungen, die bestätigen, dass eine Tonne Kohlendioxid dauerhaft aus der Atmosphäre entfernt wurde und berücksichtigen dabei die genutzte Entnahmetechnologie. Der Handel läuft bislang über den freiwilligen CO2-Markt; 2024 lagen die Durchschnittspreise je nach Technologie zwischen 171€ und 787€ (siehe Abbildung). Verschiedene Unternehmen haben sich bereits umfangreiche CDR-Credits gesichert: So erwarb Microsoft 2024 rund drei Millionen CDR-Credits aus der CO2-Abscheidungsanlage „Gaia“ einer Müllverbrennung, um seinem Ziel der Klimaneutralität bis 2030 näherzukommen (Carbon Herald, 2024).
Zukünftig könnte den CDR-Credits eine noch größere Rolle zukommen. Die EU berät derzeit, die Nachfrage nach Kohlenstoffentnahme über einen CDR-Credit Beschaffungsmechanismus, zu erhöhen. Darüber hinaus wird diskutiert, ob die CDR-Credits zukünftig in den europäischen Emissionshandel mit aufgenommen werden sollten (EU-Kommission). Auch in Deutschland wird die Kohlenstoffentnahme derzeit vermehrt aufgegriffen, so ist im Bundeshaushalt 2026 eine Ausgabenposition für Negativemissionen vorgesehen und eine Langfriststrategie Negativemissionen noch für 2025 angekündigt (BMWE, 2025).
Für Unternehmen eröffnen sich somit verschiedene Möglichkeiten. Betreiber könnten Projekte über Kooperationsmodelle und Lieferverträge finanzieren. Industrieunternehmen und Investoren können sich über hochwertige CDR-Credits frühzeitig Kapazitäten in einem jungen aber dynamischen Markt sichern und über solche Kooperation den Markthochlauf beschleunigen.
Somit ist jetzt der richtige Zeitpunkt, CDR-Credits strategisch zu verankern, politische Entwicklungen eng zu verfolgen (mögliche Einbindung in den EU-ETS, europäischer Beschaffungsmechanismus), Qualitäts- und Lieferrisiken zu bewerten und tragfähige Beschaffungs- und Vermarktungsstrategien zu entwickeln.
BET unterstützt Sie dabei – auf Betreiber - wie auf Abnehmerseite – von der Strategie über die Bewertung von CDR-Credits bis zur Ausgestaltung passender Vertragsmodelle.
Lukas Schuffelen
Partner
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Sebastian Seier
Leiter Kompetenzteam Nachhaltigkeit & Klimaschutz
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Laszlo Hartung
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