Netzinfrastruktur & Konzessionen | 23.09.2025 Regionalisierung – Für die Netzplanung zählt nicht nur wie viel, sondern wo Autoren: Dr. Andreas Nolde | Leonie Söll

 

Elektromobilität, Wärmepumpen und Photovoltaik verändern die zukünftigen Anforderungen an die Verteilnetze. Für Netzbetreiber bedeutet das: Die Last- und Einspeisestruktur von morgen unterscheidet sich grundlegend von der heutigen. Wer strategisch langfristig plant, muss wissen, wo im Netz die Veränderungen auftreten. Genau hier setzt die Regionalisierung als Teil der Szenarienentwicklung für die Netzplanung an.

Konkret geht es darum, eine zuvor erstellte Prognose für die zukünftige Entwicklung von Lasten und Erzeugern im Netzgebiet regional aufzulösen. Erst mit diesen Daten ist eine detaillierte Zielnetzplanung Strom für Hoch-, Mittel- und insbesondere Niederspannung möglich. Ebenfalls werden lokal aufgelöste Informationen über die technologische Veränderung des Wärmebezugs zur zukunftssicheren Weiterentwicklung des Gasnetzes benötigt. Informationen zu Wärmenetzen können entweder ex-ante gesetzt oder ebenfalls orts- bzw. kundenscharf abgeleitet werden.

Die Regionalisierung bildet damit das Bindeglied zwischen den Prognosen für das gesamte Netzgebiet und der detaillierten Infrastrukturplanung. Sie bricht die prognostizierte Entwicklung von Lasten und Erzeugern für das Netzgebiet bis auf die Ebene einzelner Netzknoten, bspw. Ortsnetzstationen, herunter: Während Vorhaben wie Windparks oder große Freiflächenanlagen mithilfe konkreter Flächenpotenziale und des Expertenwissens vor Ort genau verortet werden können, ist dies bei der Verteilung von großer Anzahlen kleiner Erzeuger und Lasten (bspw. privaten Aufdach-PV-Anlagen) nur schwer händisch umsetzbar. Hier braucht es ein methodisches Vorgehen, das die relevanten Entscheidungs- und Verteilungsfaktoren für die jeweiligen Erzeuger und Lasten abbildet.

Dieses methodische Vorgehen wurde von BET vor einigen Jahren aufgebaut und seitdem konsequent weiterentwickelt. Heute handelt es sich bei der Regionalisierung um ein standardisiertes BET-Produkt, das die beschriebene Aufgabe unter Berücksichtigung der Besonderheiten des jeweiligen Netzgebiets erfüllt, u. a.:

  • Aktueller Stand der Energiewende: bestehende PV-Anlagen, Wärmepumpen und Ladepunkte müssen bei der Regionalisierung des zukünftigen Zubaus berücksichtigt werden, bestenfalls ortsscharf.
     
  • Kommunale Wärmeplanung / Fernwärmeausbauplanung: Die jeweilige Planung stellt, wenn vorhanden, einen wichtigen Input für die Regionalisierung dar.
     
  • Zentrale Treiber: Gerade bei Ladeinfrastruktur werden für die räumliche Auflösung eine hohe Anzahl an Treibern betrachtet, dabei wird u. a. zwischen AC- und DC- und zwischen privater und öffentlicher Ladeinfrastruktur unterschieden. Sogenannte Points of Interest wie Tankstellen und Logistikunternehmen werden detailliert einbezogen.
     
  • Reale Gegebenheiten: Verfügbare Dachflächen begrenzen die mögliche Aufdach-Photovoltaikleistung, der Wärmebedarf beeinflusst die Dimensionierung von Wärmepumpen und Fernwärmegebiete wirken sich darauf aus, wo Wärmepumpen installiert werden. Diese Faktoren definieren einen realistischen Lösungsraum.
     

Die BET-Regionalisierung nutzt unterschiedliche Strukturdaten wie die Kaufkraft oder den Gebäudetyp, um die prognostizierte Leistung zukünftiger Lasten und Erzeuger zu verteilen. Für die zukünftige Entwicklung der Wärmeversorgung wird basierend auf den aktuell eingesetzten Wärmetechnologien und differenzierter Technologiewechsel der Rückgang des Gasabsatzes für Raumwärme bei gleichzeitigem Hochlauf von Wärmepumpen oder Wärmenetzanschlüssen abgeleitet.

Das Ergebnis ist eine realitätsnahe räumliche Abbildung der zukünftigen Versorgungsaufgabe über alle Energieträger. Netzbetreiber können die Veränderung der Anforderungen an das Strom- und Gasnetz sowie an eventuelle Wärmenetze frühzeitig erkennen, Investitionen gezielt priorisieren und ihre Netze zukunftssicher gestalten. Die Regionalisierung schafft gerade bei Betrachtung mehrerer Zukunftsszenarien Transparenz und eine Reduktion der Unsicherheit – und bildet die Grundlage für fundierte Entscheidungen in der Netzentwicklung.

Im Rahmen einer ganzheitlichen Netzentwicklungsplanung für die Sparten Strom, Gas und Wärme entwickeln wir gemeinsam mit unseren Kunden ein spartenübergreifend konsistentes Zukunftsbild der Energieversorgung im jeweiligen Netzgebiet. Auf Basis der detaillierten Szenarienentwicklung und Regionalisierung erarbeiten wir eng verzahnte Strategien für die Netzentwicklung in allen drei Sparten, die zu einer technischen und kaufmännischen Gesamtstrategie zusammengeführt werden.

Kontaktieren Sie uns gerne bei weiterführenden Fragen:

Dr. Andreas Nolde
Partner 
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Leonie Söll
Senior Consultant
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