Mit fast 102.000 Fahrzeugen liegt die Zahl der in Deutschland zugelassenen elektrisch angetriebenen Nutzfahrzeuge laut KBA zwar noch auf einem niedrigen Niveau, verzeichnete aber zuletzt ein starkes Wachstum. Zum Vergleich: Anfang 2024 zählte der E-Nfz-Bestand nur knapp über 60.000 Fahrzeuge – das entspricht einem Zuwachs von fast 70 Prozent binnen eines Jahres.
Das Umweltbundesamt geht davon aus, dass im Jahr 2035 mehr als 1,3 Millionen leichte elektrische Nutzfahrzeuge in Deutschland zugelassen sein werden. Auch der überwiegende Teil der schweren Nutzfahrzeuge, aktuell rund 760.000, überwiegend mit Dieselmotor angetriebene Fahrzeuge, wird dann elektrisch fahren. Die dena geht in ihrem im Juli dieses Jahres veröffentlichtem Dossier davon aus, dass bis dahin mehr als 135.000 Ladepunkte für E-Lkw benötigt werden, der Großteil davon in Depots und Betriebshöfen.
Wo entsteht dieser Bedarf zuerst?
Genau diese Frage ist für Netzbetreiber, Ladeinfrastrukturunternehmen und Flottenbetreiber von strategischer Bedeutung. Denn die Verfügbarkeit geeigneter Netzanschlusskapazitäten entscheidet darüber, wie schnell sich die Ladepunkte überhaupt realisieren lassen.
Um dies möglichst präzise zu prognostizieren, müssen mehrere Faktoren berücksichtigt werden:
1. Welche Fahrzeugtypen und Ladeprofile werden erwartet?
Leichte Nutzfahrzeuge erfordern weniger Ladeleistung als schwere Lkw. Sie verfügen über Pkw-ähnliche Batteriegrößen und können oftmals auch die vorhandene Pkw-Ladeinfrastruktur problemlos nutzen. Im Verteilerverkehr ist insbesondere Depotladen relevant, während Sattelzugmaschinen auf der Langstrecke auch häufig „unterwegs“ an öffentlichen Ladepunkten geladen werden müssen – mit hoher Ladeleistung in kurzer Zeit.
2. Welche Standorte in der Region haben eine hohe Wahrscheinlichkeit für die künftige Errichtung von Lkw-Ladeinfrastruktur?
Prädestiniert für Ladepunkte in Depots sind Logistikzentren, Betriebshöfe von Transportunternehmen, größere Industriebetriebe sowie Standorte von Unternehmen mit Nutzfahrzeugflotten. Für die öffentliche Ladeinfrastruktur ist vor allem die Lage von Autobahnabfahrten, Rasthöfen, Autohöfen und Lkw-Parkplätzen an zentralen Verkehrsachsen relevant.
3. Welcher Leistungsbedarf ist an den identifzierten Standorten zu erwarten?
Dies hängt von den ersten beiden Faktoren sowie der erwarteten Menge der Fahrzeuge ab. Relevante Größen sind hier neben der Hochlaufkurve der E-Lkw auch das Verkehrsaufkommen an den Standorten: Wie oft wechselt die Belegung der Parkplätze? Wie viele Lkw nutzen täglich die Raststätte?
Herausforderung Netzanschluss
Ein entscheidender Unterschied zu Pkw: E-Lkw laden über den gesamten Vorgang mit nahezu konstant hoher Leistung – eine Leistungsdrosselung ist aufgrund der kurzen Ladefenster kaum möglich. Das führt zu erheblichen Anforderungen an die Netzanschlussleistung und die Verfügbarkeit lokaler Kapazitäten.
Größere Lkw-Ladeparks eignen sich daher besonders dafür, sie mit PV-Anlagen (z. B. auf dem Dach der Logistikhalle) und Großbatteriespeichern zu kombinieren. Dies senkt nicht nur die Stromkosten für das Aufladen der Fahrzeuge, sondern reduziert auch die benötigte Netzanschlussleistung, da der Batteriespeicher Lastspitzen puffern kann, wenn alle Ladepunkte gleichzeitig belegt sind.
BET hat einen Ansatz entwickelt, mit dem sich der regionale Bedarf für das Laden von E-Lkw anhand ausgewählter Faktoren bestimmen lässt. Er gibt Ladepunktbetreibern und Verteilnetzbetreibern Aufschluss darüber, welche Nachfrage nach Lkw-Ladepunkten und welche Anschlussleistung regional zu erwarten sind.
Die Ergebnisse ermöglichen eine erste Potenzialanalyse und bilden die Grundlage für tiefergehende Business-Case-Modellierungen, Strategieentwicklung und Zielnetzplanung.
Für Fragen und einen Austausch stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Nikolai Falter
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Lukas Wammes
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