Die Transformation hin zu erneuerbaren Energien, Digitalisierung und innovativen Geschäftsmodellen verlangt von Energieversorgungsunternehmen (EVU) ein hohes Maß an Flexibilität und Agilität. Agile Arbeitsweisen versprechen, diese Flexibilität zu fördern und gleichzeitig die Effizienz zu steigern. Entgegen weit verbreiteter Annahmen bedeutet Agilität in einem dynamischen Umfeld weder Chaos, noch Anarchie oder Kontrollverlust. Ganz im Gegenteil zeichnen sich agile Methoden durch effektive Selbstorganisation, klare Rollenverteilungen, Transparenz und schnelle Ergebnisse aus. Die typischerweise kurzen Zyklen der agilen Methoden ermöglichen es, sowohl die Wirkung von eingeleiteten Maßnahmen wie auch Veränderungen des Marktes früh zu erkennen und gezielt zu reagieren. Doch die Umsetzung agiler Prinzipien in der Praxis ist komplex – insbesondere wenn es darum geht, das traditionelle Geschäft mit agilen Projektstrukturen zu vereinen.
Herausforderungen in der Organisationsstruktur
Traditionelle EVU sind häufig durch eine klassische Linienorganisation geprägt, die auf stabilen Prozessen, klaren Hierarchien und streng definierten Stellenbeschreibungen basiert. Diese Struktur gewährleistet Verlässlichkeit und Sicherheit im operativen Geschäft, kann jedoch die notwendige Dynamik für Innovationen und schnelle Anpassungen hemmen. Agile Projektorganisationen setzen hingegen auf selbstorganisierte, interdisziplinäre Teams, kurze Feedbackzyklen und iterative Arbeitsweisen. Die Herausforderung liegt darin, diese beiden Welten miteinander zu verbinden.
Oft fehlt es an einer klaren Schnittstelle zwischen Linien- und Projektorganisation, was zu Reibungsverlusten und Kommunikationsproblemen führt. Agile Teams benötigen die Unterstützung und Einbindung der Fachbereiche, um ihre Ziele zu erreichen und nachhaltige Veränderungen zu bewirken. Gleichzeitig muss das Linienmanagement lernen, Verantwortung zu delegieren und Vertrauen in agile Prozesse zu entwickeln. Nur wenn agile Prinzipien in der gesamten Organisation verankert sind, kann eine echte Transformation gelingen.
Smart-Meter-Rollout als Treiber und Herausforderung
Eine besondere Herausforderung ist in diesem Zusammenhang der Smart-Meter-Rollout, der wegen seines Umfangs, der geforderten Geschwindigkeit und seiner hohen Komplexität die aktuellen Strukturen und Arbeitsweisen an ihre Grenzen bringt. Der flächendeckende Rollout intelligenter Messsysteme ist in Zeiten von massiven PV-Einspeisespitzen, Wallboxen und Wärmepumpen ein zentrales Element der Energiewende. Die Umsetzung ist geprägt von komplexen regulatorischen Vorgaben, technischen Integrationsanforderungen und logistischen Hürden. Die Interoperabilität verschiedener IT-Systeme, die Sicherstellung der Datenqualität sowie die Einhaltung von Datenschutz- und Sicherheitsstandards sind nur einige der technischen Aspekte, die bewältigt werden müssen.
Zudem erschweren Engpässe bei qualifiziertem Personal und Material sowie infrastrukturelle Herausforderungen, wie eine instabile Datenverbindung zu den Geräten, die termingerechte Umsetzung. Die Rolle der grundzuständigen Messstellenbetreiber (gMSB) erfordert eine diskriminierungsfreie Ausstattung aller Kunden, während wettbewerbliche Messstellenbetreiber (wMSB) selektiver vorgehen können – dies führt zu zusätzlichen Wettbewerbs- und Koordinationsfragen.
Balance zwischen Bestandsgeschäft und neuen Geschäftsfeldern
Neben dem Smart-Meter-Rollout müssen EVU ihr traditionelles Kerngeschäft stabil und effizient betreiben. Gleichzeitig gilt es, neue, oft digitale und agile Geschäftsfelder zu erschließen – von Energiemanagement über Elektromobilität bis hin zu dezentralen Erzeugungs- und Speicherlösungen. Diese Doppelbelastung erfordert flexible Organisationsformen, die schnelle Innovationszyklen ermöglichen, ohne die operative Stabilität zu gefährden.
Doing Agile vs. Being Agile
Agile Vorgehensmodelle wie Scrum, Kanban oder Objectives and Key Results (OKR), aber auch schnell umsetzbare Praktiken wie User Stories, MVP oder Delegation Poker bieten Werkzeuge, um Projekte effizienter zu steuern, bessere Entscheidungen zu treffen und die Mitarbeitenden stärker einzubinden (Doing Agile). Flache Hierarchien und interdisziplinäre Teams fördern Kreativität und Motivation. Doch der Erfolg hängt maßgeblich von einer agilen Unternehmenskultur ab, die Offenheit, Vertrauen und kontinuierliches Lernen lebt (Being Agile).
Der BET-Werkzeugkasten für agiles Arbeiten im EVU
Um EVU bei dieser komplexen Transformation zu unterstützen, haben wir einen umfassenden Werkzeugkasten entwickelt. Er enthält praxisnahe Methoden, bewährte Frameworks und konkrete Praktiken für agiles Arbeiten – zugeschnitten auf die besonderen Anforderungen der Energiewirtschaft. Ob Sie agile Prinzipien in der Linienorganisation verankern, den Smart-Meter-Rollout agil gestalten oder neue Geschäftsfelder z. B im Bereich Energiedienstleistungen entwickeln möchten: Unser Werkzeugkasten bietet vielfältige Impulse und Hilfestellungen.
Darüber hinaus begleiten wir Sie individuell bei der Auswahl und Einführung passgenauer agiler Arbeitsweisen. Mit interaktiven Workshops, Seminaren, Webinaren und Einzelberatungen unterstützen wir Ihre Teams dabei, agiles Arbeiten erfolgreich zu implementieren und eine nachhaltige agile Kultur aufzubauen.
Mit dem richtigen methodischen Werkzeug und unserer professionellen Begleitung können EVU diese Herausforderungen meistern und ihre Zukunftsfähigkeit sichern.
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Dr. Anna Walter
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Dr. Mario Götz
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