Abscheidung als Alternative zur CO2 Vermeidung
Deutschland hat sich das ambitionierte Ziel gesetzt, bis 2045 klimaneutral zu werden. Eine zentrale Rolle soll dabei die Vermeidung von CO2-Emissionen durch Elektrifizierung mit erneuerbarem Strom oder grünen Brennstoffen wie Wasserstoff oder Biomethan einnehmen. Neben der Vermeidung von Emissionen ist es jedoch technisch auch möglich, CO2 abzuscheiden und anschließend zu speichern, oder als Rohstoff zu nutzen. Dieses Verfahren wird als CCUS (Carbon Capture Utilization & Storage) bezeichnet. Das Thema CCUS, das bereits Anfang der 2000er diskutiert wurde, gewinnt dabei in den letzten Monaten wieder an Bedeutung.
Zum einen wird das Thema CCUS zunehmend politisch aufgegriffen: Die Ampel-Koalition hat mit der Carbon-Management-Strategie und Novelle des Kohlendioxidspeichergesetzes erste Rahmenbedingungen geschaffen und auch im Koalitionsvertrag der aktuellen CDU/SPD-Regierung ist CCUS ausdrücklich verankert. Andererseits stellt CCUS für bestimmte industrielle Prozesse mit technisch unvermeidbaren Emissionen – etwa in der Zementindustrie oder in Müllverbrennungsanlagen – derzeit die einzige mögliche Dekarbonisierungsoption dar. In diesen Sektoren besteht daher ein konkreter Handlungs- und Umsetzungsdruck.
Nach aktuellen Annahmen sollen in Deutschland 2045 rund 58 Millionen Tonnen an unvermeidbarer Emissionen abgeschieden werden (VDZ, 2024). Zusätzlich könnten CO2-Mengen aus Biomassekraftwerken (BECCS) oder Gaskraftwerken hinzukommen. Für das abgeschiedene CO2 gibt es zwei Verwertungswege: die stoffliche Nutzung (CCU) oder die geologische Speicherung (CCS). Aktuelle Studien gehen davon aus, dass im Jahr 2050 etwa die Hälfte der abgeschiedenen CO2 Menge stofflich verwertet wird, jedoch soll für die kommenden Jahre vor allem CCS die relevante Option darstellen (JRC, 2024).
Herausforderung CCS
Deutschland verfügt mit einem theoretischen Speicherpotenzial von rund 26,3 Milliarden Tonnen über umfangreiche geologische Kapazitäten (kraka-advisory, 2023). Diese sind rechnerisch ausreichend, um die eigenen Industrieemissionen über viele Jahrzehnte aufzunehmen. Allerdings ist bislang unklar, wie viel dieses Potenzials technisch tatsächlich genutzt werden kann. Die geologischen Speicherstätten müssen zunächst identifiziert, bewertet und erschlossen werden – ein Prozess, der Jahre bis Jahrzehnte in Anspruch nehmen kann. Obwohl durch den Net-Zero Industry Act sechs deutsche Unternehmen verpflichtet wurden, bis 2030 eine Einspeisekapazität von 5,4 Mt/a anzubieten, steht Deutschland somit noch ganz am Anfang beim Aufbau einer Infrastruktur zur Kohlenstoffspeicherung (EU-Komission, Mai 2025).
In Europa treiben insbesondere Norwegen, Großbritannien, Dänemark und die Niederlande die Entwicklung von CCS-Projekten voran. Bis 2032 ist der Aufbau von über 175 Mt/a europäischer Speicherkapazität geplant (JRC, 2024). Bislang befinden sich jedoch nur wenige Projekte im Bau oder sind bereits in Betrieb. Einen wichtigen Meilenstein markiert in diesem Jahr die Inbetriebnahme des norwegischen Vorzeigeprojekts Northern Lights, das im Endausbau bis zu 5 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr speichern soll. Im kommenden Jahr sollen mit Porthos in den Niederlanden und Greensand in Dänemark zwei weitere kommerzielle Projekte folgen. Die Kapazitäten dieser Speicherprojekte sind bereits durch verschiedene Unternehmen reserviert. Porthos ist vollständig ausgebucht, vorwiegend durch Produzenten von blauem Wasserstoff und auch die erste Ausbaustufe von Northern Lights ist vergeben, unter anderem an Zementwerke, Müllverbrennungsanlagen und BECCS-Projekte.
Trotz der ersten Projekte, die sich in der Pipeline befinden, bleibt jedoch ein zentrales Problem bestehen: Unter den aktuellen CO2-Preisen ist ohne weitere Anreize eine Wirtschaftlichkeit von CCS nicht zeitnah zu erwarten. Für die Abscheidung, Aufbereitung und Verdichtung sind hohe Investitions- und Betriebskosten erforderlich. Zudem sind die Transport- und Speicherkosten maßgeblich davon geprägt, welche Optionen zur Verfügung stehen. Dabei sind diese Optionen heute noch mit signifikanten Unsicherheiten u.a. hinsichtlich der wirtschaftlichen Kennzahlen behaftet, was die Planung erschwert. Für Unternehmen stellen ausbleibende oder spätere Anschlüsse an ein CO2-Transportnetz sowie größere Distanzen zu Offshore-Speicher zudem potenzielle Risiken und Standortnachteile bei der CCS-Marktentwicklung dar. Somit bleiben für deutsche Unternehmen auf der Kosten- und Risikenseite viele offene Fragen, die im zukünftigen Ordnungsrahmen staatliche Unterstützung für den erfolgreichen Markthochlauf erfordern werden.
Wir von BET können Sie dabei begleiten, Ihre CCS-Strategie aufzusetzen. Dafür spielen wir mit Ihnen gemeinsam die Rückwirkungen regulatorischer und marktlicher Entwicklungen im Rahmen von Szenarienanalysen durch. Aufgrund unserer langjährigen Erfahrung in der Energiewirtschaft können wir den Einsatz von CCS mit belastbaren Kostenindikationen bestimmen und dabei sowohl im Vergleich zu erwarteten ETS-Preisentwicklungen „Förderbedarfe“ für Ihre CCS Projekte ermitteln als auch für die anderweitig vermeidbaren Emissionen erwartete Kostenunterschiede im Vergleich zu Dekarbonisierungsalternativen im Zeitverlauf ableiten. Dazu zählt eine detaillierte Standortanalyse potenzieller Transportrouten und Speicher, die wir mithilfe eines eigens entwickelten Tools auch mit belastbaren Kostenabschätzungen hinterlegen können. Gerne stehen wir Ihnen als fachlicher Partner zur Seite.
Lukas Schuffelen
Partner
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Dr. Denis vom Stein
Leiter Kompetenzteam Industrie
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