Nachhaltige Erzeugungssysteme | 23.09.2025 Biogasanlagen im Wandel: Wie das Biomassepaket 2025 die Branche neu ausrichtet Autoren: Jörg Ottersbach | Joschka Krause

 

Die Biogasbranche steht vor einem Umbruch: Mit dem Biomassepaket wird aus grundlastorientierter Stromproduktion ein flexibles Instrument zur Netzstabilisierung. Vor allem längere Anschlussförderung und höhere Flexibilitätszuschläge sollen die Flexibilisierung anreizen. Wärmenetze rücken in den Fokus – wer jetzt auf Flexibilisierung und Wärmekopplung setzt, kann sich Wettbewerbsvorteile sichern.

Die deutsche Biogasbranche steht vor einer Weichenstellung: Biogas-KWK wandelt sich vom Grundlastlieferanten zum flexiblen Instrument und kann damit einen Beitrag zur Stromsystemstabilisierung leisten.

Hintergrund ist das Biomassepaket, welches der Bundestag am 31.01.2025 beschlossen hat. Zum einen soll es den wirtschaftlichen Weiterbetrieb von Bestandsanlagen nach dem Auslaufen der 20-jährigen EEG-Förderung ermöglichen. In diesem und im nächsten Jahr fallen rund 15 % der bestehenden Anlagen aus der Förderung. Ohne Anschlussförderung drohen Stilllegungen – mit gravierenden Folgen für die Strom- und Wärmeversorgung. Zum anderen wird gleichzeitig die Flexibilisierung dieser Anlagen vorangetrieben, damit diese einen systemdienlichen Betrag leisten können.

Lange wartete man nach in Kraft treten des Gesetzes auf die beihilferechtliche Genehmigung der EU, welche nun am 18.09.25 erteilt wurde. Somit ist nach monatelanger Unsicherheit der Weg geebnet für die nächste Ausschreibungsrunde am 01.10.2025 nach neuer Förderungsregulatorik. Das Ausschreibungsvolumen in dieser Runde steigt in Folge dessen von 363 MW auf 813 MW an.
 

Was ändert sich?
Die Anschlussförderung wird von zehn auf zwölf Jahre verlängert, um die Planungssicherheit zu erhöhen. Ebenso wird die Frist für den Wechsel in die Anschlussförderung verkürzt, sowie die Übergangszeit zwischen alter und neuer Förderung erhöht, wodurch Betreiber mehr Flexibilität bei der Umstellung erhalten.
Gleichzeitig sinkt der Maisdeckel auf 30 % (2025) und 25 % (2026), um den Einsatz von Reststoffen zu fördern - dies stellt auch eine Herausforderung für manche Betreiber in der Substratbeschaffung dar.

Die größte Zäsur betrifft jedoch die Betriebsweise: Biogasanlagen sollen künftig nur dann einspeisen, wenn Strom knapp und teuer ist. Dafür wird der Flexibilitätszuschlag von 65 auf 100 €/kW/a angehoben. Gleichzeitig wird die förderfähige Betriebszeit gedeckelt: maximal 11.680 Viertelstunden in den ersten Jahren, welche stufenweise auf 9.680 im zwölften Jahr gesenkt werden - Anreize für Überbauung von Erzeugungsanlagen und Speichern. Bei Strommarktpreisen unter 2 ct/kWh (20 €/MWh) entfällt die Förderung komplett. Für kleine Anlagen bis 350 kW gelten Sonderregeln.

Die Ausschreibungsvolumina wurden stark angehoben von ursprünglich 1,3 GW auf 2,8 GW, mit großen Anteilen in 2025 und 2026. Als Reaktion auf die fehlenden Ausschreibungsmengen von April 2025, aufgrund nicht erteilter Genehmigung der EU, werden diese in einem kommenden Jahr nachgeholt.

Ein Schwerpunkt liegt auf der Wärmenutzung. Bis Ende 2028 sind 50 % des Volumens für Anlagen mit Wärmenetzanschluss reserviert und im Anschluss sogar 70 %. Ziel: Biogas als zentralen Baustein für Wärmenetzprojekte zu etablieren. 
 

Was bedeutet das für Betreiber?
Wer bisher Grundlast fährt oder keine Wärmenutzung hat, muss handeln. Für Betreiber mit Wärmenetzanbindung lohnt sich die Umrüstung zum Speicherkraftwerk durch größere Gas- und Wärmespeicher, Zubau von BHKW-Motoren und die Umstellung auf eine flexible Fahrweise. 
Wer keine Wärmenutzung hat, sollte prüfen, ob ein Wärmenetzanschluss vor Ort oder ein Satelliten-BHKW (BHKW am Standort des Wärmenetzes versorgt mit Biogas der Biogasanlage per Leitung) möglich ist. Besonders im ländlichen Raum folgen aus der Erschließung von kleinen Wärmenetzgebieten (kWP und MBS nach BEW) ein hoher Bedarf nach günstigen Wärmequellen.
Die Umstellung auf eine flexible Fahrweise bringt einige Anforderungen mit sich. Denn die Anlagen müssen sich nun nach dem Strommarktpreis richten und i.d.R. durch einen Dienstleister gesteuert werden. Dafür bedarf es Instrumente zur Bewertung der Fahrweise, wie ein Energiemarktmodell und ein Modell zur Einsatzoptimierung.

Eine weitere Option für Biogasanlagen stellt die Methanisierung und Einspeisung ins Gasnetz dar.

Dabei sind die aufgezeigten Optionen wirtschaftlich gegeneinander abzuwägen. BET bringt hierfür ein umfassendes Verständnis der Energiewirtschaft mit, das wir z. B. in der Erstellung von Energiemarktszenarien (langfristige Preisentwicklungen) und in der Anwendung von Einsatzoptimierungstools einsetzen. Unsere Analysen zeigen: Eine hohe Flexibilisierung der Anlagen kann sich an immer volatileren Märkten lohnen, es ergeben sich wettbewerbsfähige Wärmegestehungskosten, weshalb eine Anbindung an ein Wärmenetz wirtschaftlich durchaus attraktiv erscheint.

Aufgrund der nun rechtskräftigen neuen Förderungsregulatorik ist eine Anpassung der Gebotsstrategie essentiell, hier stehen wir gerne unterstützend zur Seite.
 

Was bedeutet das für Wärmenetzbetreiber?
Wärmenetzbetreiber wiederum können Biogas als gesicherte KWK-Leistung in ihre Transformationspläne ihrer Bestandsnetze oder in Machbarkeitsstudien von Neubauprojekten integrieren.
Aufgrund zahlreicher Projekte im Bereich der kommunalen Wärmeplanung, Transformationsplänen und Machbarkeitsstudien hat BET Erfahrung mit der Dekarbonisierung von Wärmenetzen und unterstützt bei deren Konzeptionierung und der Kooperation zwischen Netz- und Anlagenbetreibern.

Fazit:
Das Biomassepaket markiert den Übergang von Grundlast- zur Systemdienstleistung. Biogas-Stromerzeugung wird dynamisch und zum Partner von Wärmenetzen. Wer frühzeitig auf Flexibilisierung und Wärmekopplung setzt, kann die neuen Chancen nutzen. BET unterstützt Sie gerne bei der Umsetzung dieses Projektes.
 

Jörg Ottersbach
Leiter Kompetenzteam Erneuerbare Energien
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Joschka Krause
Consultant
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