Digitalisierung | 23.09.2025 Steuern durch den MSB – was ist zu beachten? Autoren: Leon Bücher | Gregor Schneider | Dr. Bärbel Wicha-Krause

 

Die Steuerung über intelligente Messsysteme (iMSys) ist ein Schlüssel zur erfolgreichen Digitalisierung der Energiewende – doch wie weit sind die Messstellenbetreiber (MSB) wirklich? Zwischen technischer Komplexität, regulatorischer Dynamik und organisatorischer Reife zeichnet sich ein gemischtes Bild.

Von der Vision zur Realität
Spätestens seit Inkrafttreten des Solarspitzengesetztes vom 25.02.2025 in Verbindung mit § 14a EnWG ist klar: Die Steuerung von Verbrauchs- und Erzeugungsanlagen im Niederspannungsnetz soll künftig standardisiert, cybersicher und digital über das iMSys erfolgen. Dafür ist der Messstellenbetreiber infrastrukturell verantwortlich – insbesondere über die sogenannte CLS-Schnittstelle (Controllable Local Systems) des Smart-Meter-Gateways.

Was bislang unter dem Begriff „CLS-Management“ firmierte, wird zunehmend systematisiert. Der Fokus verschiebt sich auf die zentrale Funktion des Steuerbox-Administrators (STB-A), der innerhalb der Rolle des MSB für den technischen Betrieb und die Überwachung von Steuerboxen, Priorisierung von Steuerbefehlen und das Management von Zertifikaten zuständig ist.

Doch die Zeit bleibt nicht stehen: Mit dem aktuellen FNN-Impuls zur Steuerungs-Administration (April 2025) erweitert sich der Blick – hin zur direkten Steuerung aus dem Gateway und einer weiterentwickelten Funktion des STB-A, die künftig als „Steuerungs-Administration (ST-A)“ bezeichnet wird.

Technik bereit – Organisation in Bewegung
Technologisch ist vieles möglich: Mehrere Gateway-Hersteller bieten zertifizierte CLS-Produkte an; erste Steuerboxen sind nach TR-03109-5 zugelassen; Plattformanbieter liefern integrierte Lösungen für den STB-A. Auch die EDIFACT-Marktkommunikation und Ad-hoc-Webservices für kurzfristige Steuerbefehle sind durch den BDEW definiert.

In der Praxis aber stehen viele MSB erst am Anfang. Der Aufbau einer durchgängigen Prozesskette – von der Stammdatenverwaltung über die Priorisierung konkurrierender Steuerbefehle bis zur Rückmeldung an Marktpartner – ist komplex. Die Rolle des STB-A erfordert eigene Systeme, Schnittstellen zu GWA, MaKo und Montageprozessen sowie ein Störungs- und Zertifikatsmanagement, das der sicherheitskritischen Infrastruktur gerecht wird.

Hinzu kommen Anforderungen an die IT-Sicherheit in der Niederspannung. Neben der Smart Metering Public Key Infrastructure (SM-PKI) und der Zertifikatsverwaltung, spielt die ISMS-Zertifizierung eines aktiven EMT nach §11 (1a) EnWG gemäß ISO/IEC27001 eine wichtige Rolle. Sie muss sämtliche PKI-relevanten Geschäftsprozesse und IT-Systeme umfassen. Dabei ist entscheidend, ob der MSB das CLS-Management selbst oder über einen Dienstleister betreibt. Bei den Betriebsmodellen Saas und BPO zum Beispiel, übernimmt der Anbieter die aEMT-Zertifizierung und regelt die  allgemeinen IT-Sicherheitsanforderungen über den Dienstleistervertrag. Der MSB benötigt in diesem Fall keine eigenen Zertifizierungen – bei On-Premises Installationen gilt das nicht.

Noch herausfordernder ist die Zusammenführung von netz- und marktseitigen Steuerungslogiken: Der MSB muss als Bindeglied agieren, wenn Netzbetreiber, Lieferanten oder Flexibilitätsvermarkter Steuerrechte wahrnehmen. Die Verantwortlichkeiten sind zwar formal geregelt – faktisch aber oft unklar verteilt.

Pilotbetrieb statt flächendeckender Umsetzung
Einige gMSB – etwa aus dem Umfeld großer Verteilnetzbetreiber – haben erste Steuerboxen in Betrieb und erproben die Integration in reale Netzsituationen. Auch Dienstleister und technische Regelsetzer wie BDEW oder FNN fördern standardisierte Umsetzungshilfen.

Von den wMSB ist zu vernehmen, dass diese in Richtung der zweiten Jahreshälfte in den standardmäßigen Rollout der Steuerboxen einsteigen. In Verbindung mit den bei vielen gMSB laufenden Pilotprojekten, rechnet BET noch in diesem Jahr mit etwa 50.000 – 100.000 verbauten Steuerboxen.

Gleichzeitig bleibt der Rollout ausbaufähig. Ohne verbindliche Implementierungshinweise, eine klare Aufgabenteilung im Marktmodell und ausgereifte Schnittstellen zwischen MaKo und Technik, kann der iMSys-basierte Steuerweg sein Potenzial kaum entfalten.

Was jetzt notwendig ist
Für den Durchbruch der Steuerung durch den MSB braucht es drei Dinge:

  1. Klarheit: Welche Steuerlogik ist technisch und regulatorisch führend – und wie priorisieren wir konkurrierende Befehle im Zusammenspiel von Netz, Markt und Kundenanlage?
     
  2. Standardisierung: Einheitliche Schnittstellen, Prozesse und Steuerboxfunktionen auf Basis der aktuellen FNN-, BSI- und BNetzA-Dokumente.
     
  3. Systemintegration: Die Rolle des STB-A muss im MSB verankert werden – mit passender IT-Landschaft, klaren Prozessen und Know-how im Feld. Ausschreibungen von CLS-Management-Systemen oder Dienstleistungen sind jetzt dringend erforderlich.


Fazit
Die Steuerung durch den MSB steht am Übergang von der Pilotierung zur Breitenumsetzung. Die technischen Grundlagen sind gelegt, doch der organisatorische und prozessuale Reifegrad variiert stark. Mit dem Übergang zur Steuerungs-Administration und der direkten Steuerung aus dem Gateway entstehen neue Chancen – aber auch neue Anforderungen.

Wer jetzt handelt, kann die Infrastruktur von morgen gestalten – und einen echten Beitrag zur sicheren, effizienten Energiewende leisten. Wenn Sie betroffen sind und noch Fragen haben oder Ihr Vorgehen mit uns durchgehen möchten – wir unterstützen Sie gerne. Sprechen Sie uns an!

Leon Bücher
Senior Consultant
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Dr. Bärbel Wicha-Krause
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Gregor Schneider
Manager
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