Transaktionen & Industrie | 23.09.2025 Transaktionen im Bereich Erneuerbare Energien: Worauf kommt es bei einer Renewable Due Diligence an? Autoren: Lukas Schuffelen | Fabian Lambrecht | Jörg Ottersbach

 

Die Energiewende schreitet trotz aller Unwägbarkeiten mit großem Tempo voran – und damit steigt auch die Anzahl der Transaktionen im Bereich der erneuerbaren Energien. Zahlreiche Energieversorger, strategische und Finanzinvestoren konkurrieren um Akquisitionen und Beteiligungen, um sich Zugang zu Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien zu sichern. Gleichzeitig sorgen sinkende Markterlöse, ein schwacher PPA-Markt, die Förderreduzierung bei negativen Strompreisen sowie weitere regulatorische Unsicherheiten für zusätzliche Komplexität.

In den letzten Jahren war BET in zahlreiche Transaktionen im Bereich der erneuerbaren Energien involviert. Dabei handelte es sich einerseits um einzelne Wind- oder Solarparks mit einer Erzeugungsleistung von wenigen MW und andererseits im Rahmen von Großtransaktionen um große Portfolios oder Projektpipelines mit einer Leistung von mehreren GW. Dabei wurde immer wieder deutlich, dass jede Transaktion ihre eigenen Herausforderungen mit sich bringt. In den letzten Monaten sind jedoch zahlreiche neue Schwerpunkte im Rahmen der Commercial, Regulatory & Technical Due Diligence hervorgetreten.

1. Erlösperspektive während und nach der EEG-Vergütung: Ein kritischer Blick auf die kurze und lange Frist

Bei vielen der derzeit gehandelten Projekte im Bereich Wind- und Photovoltaik liegt die geplante oder tatsächliche Laufzeit bei deutlich über 20 Jahren. Das bedeutet, dass bei der wirtschaftlichen Bewertung auch der Zeitraum nach Auslaufen der EEG-Vergütung berücksichtigt werden muss.
Mit unserem BET-Fundamentalmodell analysieren wir seit jeher nicht nur die erwartbaren Erlöse im Zeitraum der EEG-Vergütung, um zusätzliche Erlöspotenziale über das Marktprämienmodell abzuschätzen, sondern auch die Zeit nach Auslaufen der EEG-Vergütung. Gerade in einem zunehmend marktwirtschaftlich geprägten Umfeld wird diese Langfristbewertung zu einem entscheidenden Faktor für die Transaktionsentscheidung – für Käufer ebenso wie für Verkäufer.

In der kurzen Frist hat die Bedeutung der adäquaten Bewertung von Ertragsverlusten in Zeiten mit negativen Spotmarktpreisen erheblich zugenommen. Spätestens seit der Verschärfung des § 51 EEG, der eine Verringerung des anzulegenden Wertes auf null ab der ersten negativen Viertelstunde vorsieht, spielt die Bewertung der Auswirkungen eine zentrale Rolle.

Die Zunahme der Zeiträume mit negativen Spotpreisen in den letzten zwei Jahren – und auch im Jahr 2025 – zeigt, dass pauschalisierte Abschläge der Erträge in Zeiten mit negativen Preisen längst nicht mehr ausreichend sind. Gleichzeitig sollten die abgeschlossenen Direktvermarktungsverträge im Rahmen einer Commercial Due Diligence bezüglich der entsprechenden Regelungen umfassend geprüft werden.


2. Regulatorische Due Diligence: Unklarer Förderrahmen ab 2027

Die regulatorische Due Diligence fokussiert sich aufgrund der Materialität der Unsicherheit insbesondere darauf, wie das EEG ab dem Jahr 2027 weiterentwickelt wird. Der bisher geltende Fördermechanismus mit gleitender Marktprämie ist nur noch bis Ende 2026 beihilferechtlich genehmigt. Im Einklang mit der im Jahr 2024 aktualisierten EU-Strommarktverordnung wird das neu einzuführende Fördersystem ein Rückzahlungselement („Claw-Back“) enthalten – für alle Einnahmen, die über den tatsächlichen Förderbedarf hinausgehen.

In der zurückliegenden Legislaturperiode fand bereits eine intensive Diskussion über insgesamt vier verschiedene Varianten statt. Wie die neue Bundesregierung das Thema angehen wird, bleibt jedoch abzuwarten. Klar ist jedoch: Eine Anpassung des Förderregimes wird erhebliche Auswirkungen auf die ökonomischen Rahmenbedingungen neuer EE-Anlagen in Deutschland haben.

Vor dem Hintergrund der weiterhin unklaren Ausgestaltung des zukünftigen EEG analysieren wir im Rahmen unserer Tätigkeit mittels Szenarioanalysen die potenziellen Auswirkungen möglicher Neuregelungen.


3. Technische Due Diligence: Genehmigung, Planung und Risiken im Fokus

Eine technische Due Diligence ist für eine fundierte Investitionsentscheidung im Rahmen von Projekten im Bereich erneuerbarer Energien essenziell – insbesondere bei Projekten in Planung oder Bau. Dabei geht es vor allem um die technische Umsetzbarkeit und mögliche Projektrisiken.

Wichtige Prüffelder sind die technische Dokumentation hinsichtlich Vollständigkeit und Qualität der vorliegenden Unterlagen, die Bewertung planerischer und technischer Risiken, die fristgerechte Verfügbarkeit des Netzanschlusses, die technische Bewertung des Genehmigungsstatus, des Projektzeitplans sowie der Investitions- und Betriebskosten (CAPEX/OPEX) über den gesamten Planungszeitraum.

Gerade bei Projekten, die sich noch in der Entwicklung oder im Bau befinden, hat unsere Erfahrung gezeigt, dass eine frühzeitige und tiefgehende technische Prüfung über Erfolg oder Misserfolg einer Transaktion entscheiden kann. Risiken müssen realistisch bewertet und vertraglich abgesichert werden – das schützt Investoren und Projektentwickler gleichermaßen.


4. Juristische Komplexität: Flächensicherung & langfristige Verträge

Transaktionen im EE-Bereich erfordern eine enge Zusammenarbeit mit Fachexperten auf juristischer Ebene im Rahmen einer Legal Due Diligence. Dies betrifft neben dem Kaufvertrag insbesondere die zahlreichen Langfristverträge der Projektgesellschaften. Dazu zählen Wartungs- und Betriebsführungsverträge sowie Verträge zur Flächensicherung.

Fast alle Projektentwickler sehen sich zunehmend mit der Herausforderung konfrontiert, geeignete Flächen langfristig zu sichern. In der Praxis führt dies zu komplexen Konstruktionen mit einer Vielzahl an Einzelverträgen für verschiedene Eigentümer oder gar zu Flächenpools als Sammelbecken für verschiedene Flächeneigentümer.

Die Prüfung dieser Vertragswerke macht eine strukturierte rechtliche Bewertung unverzichtbar. Gleichzeitig müssen die Sachverhalte im Rahmen der Businessplanung und Kaufpreisverhandlung sachgerecht reflektiert werden. BET verfügt über ein Netzwerk erfahrener Rechtsberater und kann so eine effiziente Bearbeitung der verschiedenen Themen sicherstellen.


5. Gemeinsame Infrastruktur: Zusätzlicher Prüfaufwand

Inzwischen ist es gängige Praxis, dass mehrere Wind- oder Solarparkgesellschaften innerhalb eines größeren Areals eine gemeinsame Infrastruktur nutzen, um den von ihnen erzeugten Strom ins öffentliche Stromnetz einzuspeisen. Diese gemeinsame Infrastruktur besteht in der Regel aus einem gemeinsamen Netzverknüpfungspunkt im Rahmen eines gemeinsam genutzten Umspannwerks.

Betrieben wird diese Infrastruktur häufig von einer eigenen (Infrastruktur-)Gesellschaft, die nicht mit den Wind- oder Solarparkbetreibergesellschaften identisch ist. Solche gemeinschaftlichen Strukturen bringen regelmäßig zusätzlichen Koordinations- und Prüfungsaufwand mit sich. 
Dabei stellen sich verschiedene Fragen, die vertraglich geklärt und kommerziell bewertet werden müssen: 
Wer übernimmt welche Kosten im laufenden Betrieb? 
Wie wird die technische und kaufmännische Abrechnung organisiert? 
Welche Rechte und Pflichten bestehen zwischen den beteiligten Parteien? 
Gibt es sogar in Sondersituation eine Begrenzung der Einspeisungsmöglichkeit und wie wird dies aufgeteilt?

Bei solchen Konstellationen ist daher eine gesonderte Analyse erforderlich. Oft sind individuelle vertragliche Regelungen notwendig, um Transparenz und Planungssicherheit für alle Beteiligten zu gewährleisten – insbesondere, da die Infrastrukturgesellschaft in der Regel mehreren Eigentümern gemeinsam gehört.

Fazit: Für Transaktionen im EE-Bereich ist eine fundierte Due Diligence unerlässlich.

Die Transaktion von EE-Projekten ist heute mehr als nur eine finanzielle Entscheidung – sie erfordert ein tiefes Verständnis technischer, wirtschaftlicher und rechtlicher Zusammenhänge. Unsere Erfahrung zeigt: Wer die relevanten Fragestellungen frühzeitig und ganzheitlich adressiert, erhöht die Erfolgschancen einer Transaktion erheblich. In der Vorbereitungsphase gehört dazu auch ein ausreichendes Stakeholder-Management in der eigenen Organisation, um das Chancen-/Risikoverhältnis sowie die Renditemöglichkeiten frühzeitig offen zu diskutieren.

Gerne stehen wir Ihnen als fachlicher Partner zur Seite.

Lukas Schuffelen
Partner
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Fabian Lambrecht
Leiter Kompetenzteam Transaktionen
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Jörg Ottersbach
Leiter Kompetenzteam Erneuerbare Energien
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