Netzinfrastruktur & Konzessionen | 11.11.2025 Zuteilung knapper Netzkapazitäten in Zeiten steigender Anschlussanfragen Autoren: Dr. Andreas Nolde | Tamara Preuß

 

Viele Netzbetreiber stehen vor einer großen Herausforderung: Die Zahl der Netzanschlussanfragen aus unterschiedlichen Kundengruppen übersteigt in vielen Fällen deutlich die verfügbaren Anschlusskapazitäten. Während § 8 Abs. 1 EEG für Erzeugungsanlagen einen klar geregelten Netzanschlussvorrang und feste Fristen vorsieht, fehlen bislang vergleichbare Vorgaben für die Vergabe von Bezugsleistungskapazitäten.

Diese Knappheit an Netzkapazitäten, verbunden mit dem Fehlen transparenter Vergabekriterien, führt zunehmend zu spekulativen oder strategischen Anschlussanfragen. Vor allem nicht ortsgebundene Antragsteller reichen parallel Anfragen an mehreren Netzverknüpfungspunkten ein. Das erhöht den Bearbeitungsaufwand für Netzbetreiber erheblich und erschwert es zugleich, ernsthafte von spekulativen Projekten zu unterscheiden.

Das bislang weit verbreitete Windhundprinzip („first come, first served“) gilt unter diesen Bedingungen als nicht mehr sachgerecht. Dabei steht es den Netzbetreibern grundsätzlich frei, eigene Zuteilungsverfahren zu entwickeln und anzuwenden – Voraussetzung ist, dass diese fair, transparent und diskriminierungsfrei ausgestaltet sind. Diese Auffassung wurde auch von der Bundesnetzagentur (BNetzA) in ihren am 17. Oktober 2025 veröffentlichten FAQ zur regulatorischen Behandlung von Stromspeichern ausdrücklich bestätigt.

Lediglich für Erzeugungsanlagen über 100 MW in den Spannungsebenen ab 110 kV schreibt die KraftNAV weiterhin die Anwendung des Windhundprinzips vor. Da der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 26. November 2024 (Az. EnVR 17/22) Speicher als Erzeugungsanlagen einstuft, gilt diese Regelung derzeit auch für sie. Angesichts der anhaltenden Kritik von Übertragungsnetzbetreibern und der jüngsten Forderungen mehrerer Ministerpräsidenten im Bundesrat ist jedoch fraglich, ob diese Vorgabe in Zukunft weiterhin Bestand haben wird.

Das Windhundprinzip bevorzugt Antragsteller, die ihre Unterlagen besonders früh einreichen, und schränkt Netzbetreiber darin ein, die Verteilung knapper Netzkapazitäten gezielt zu steuern – etwa nach Kundengruppe oder netztechnischer Sinnhaftigkeit. Im Interesse einer ausgewogenen Versorgung sollte jedoch gewährleistet sein, dass alle Kundengruppen – etwa Weiterverteiler zur Sicherung der Daseinsvorsorge, Gewerbe und Industriebetriebe zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts, und Rechenzentren oder Großbatteriespeicher zur Bereitstellung von Systemdienstleistungen – bei der Vergabe von Anschlusskapazitäten angemessen berücksichtigt werden.

Um hier rechtssichere Handlungsempfehlungen zu schaffen, veröffentlichte die BNetzA Ende 2024 ein Konsultationspapier. Nach Auswertung der Stellungnahmen wurde das Verfahren jedoch eingestellt, da sich kein konsensfähiger Branchenansatz abzeichnete. Der BDEW griff die dort skizzierten Überlegungen jedoch in seiner im Sommer 2025 veröffentlichten Anwendungshilfe zur „Zuteilung von Entnahmeleistungen oberhalb der Niederspannung“ erneut auf. Darin werden mehrere mögliche Verfahren beschrieben, die nach Einschätzung des BDEW alle mit dem Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) vereinbar sind:

  • Windhundprinzip („First come, first served“)
  • Planungsreifeprinzip („First ready, first served“)
  • Stufenmodell
  • Repartierungsverfahren
  • Versteigerungsmodell


Inzwischen haben erste Netzbetreiber begonnen, alternative Verfahren praktisch umzusetzen oder deren Einführung angekündigt.

Sprechen Sie uns bei Fragen zu diesem Thema gerne an. BET freut sich, Sie bei der Ausgestaltung von Zuteilungsverfahren oder anderen Themen rund um den Netzanschluss (z. B. FCA) zu unterstützen. Über Zuteilungsverfahren und  weitere aktuelle Fragen zum Thema Netzanschluss sprechen wir auch in unserem BET-Online-Forum „Netzanschluss: Zuteilung, Flexibilisierung, Netzdienlichkeit“ am 17. November 2025 – eine Anmeldung ist noch möglich. 

Für Fragen und einen Austausch stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Dr. Andreas Nolde
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Tamara Preuß
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