Netzinfrastruktur & Konzessionen | 02.06.2025 Niederspannungs-Stresstest: Detailanalyse oder KI-Einschätzung – Sie haben die Wahl! Autoren: Dr. Markus Kraiczy | Frederik Hansen | Dr. Andreas Nolde

 

Die Niederspannung ist bei vielen Netzbetreibern noch eine Blackbox, und häufig besteht nicht mehr als ein vages Bauchgefühl über die Zukunftsfestigkeit der eigenen Netze. Der Druck, Licht in die Niederspannung zu bringen und die Netze zu digitalisieren, steigt mit zunehmenden Anschlussanfragen und regulatorischen Anforderungen deutlich an. Doch selbst ein kleines Stadtwerk hat häufig Hunderte Ortsnetze und mehrere Tausend Anschlusspunkte. Somit stellt sich die Frage, wo das Risiko für zukünftige Netzengpässe am höchsten ist und wo man mit der Digitalisierung sinnvollerweise anfängt.

Eine gute Möglichkeit, Licht ins Dunkel zu bekommen, ist ein Niederspannungs(NS)-Stresstest. Der NS-Stresstest funktioniert bei BET mit einer detaillierten Netzanalyse oder mit einer KI-basierten Einschätzung – Sie haben die Wahl.

Detailanalyse NS-Stresstest:

Für Verteilnetzbetreiber, die ihre Niederspannungsnetze bereits vollständig oder teilweise in Netzberechnungsprogrammen vorliegen haben, kann mit einem detaillierten NS-Stresstest eine automatisierte und vollständige Ist-Netzanalyse durchgeführt werden. Die Planungsgrundsätze werden dazu mit dem Netzbetreiber abgestimmt und installierte konventionelle Lasten, PV-Anlagen, Ladepunkte und Wärmepumpen werden plausibilisiert und bei Bedarf aktualisiert. Die Detailanalyse prüft für die auslegungsrelevanten Netznutzungsfälle (Starklast, Starkeinspeisung) die Einhaltung aller relevanten Netzbetriebsgrößen. Der Netzbetreiber bekommt einen umfassenden Überblick über vorhandene Netzbelastungen und kann (potenziell) kritische Netze identifizieren.  

Aufbauend auf der Ist-Netzanalyse wird die Aufnahmefähigkeit der NS-Netze für neue PV-Anlagen und neue Verbraucher, wie Wärmepumpen und Ladepunkte bestimmt. Auf Basis von GIS-Informationen, wie Gebäudetyp, Dachfläche und Gebäudealter, können maximale Potenziale für PV-Anlagen und neue Verbraucher für die einzelnen Hausanschlüsse abgeschätzt werden. Unter Berücksichtigung einer Vielzahl verschiedener möglicher Anschlussvarianten (probabilistische Monte-Carlo-Simulation) wird der Zubau von PV-Anlagen oder neuen Verbrauchern im Netzmodell schrittweise erhöht und geprüft, ab welchen Zubauleistungen Netzengpässe wahrscheinlich werden. Der Netzbetreiber bekommt somit einen detaillierten Überblick über bestehende Netzreserven für den Anschluss neuer Einspeiser und Verbraucher in den NS-Netzen.

Nutzen für den Netzbetreiber:

  • Einschätzung zum Auslastungsgrad und den Kapazitätsreserven im gesamten NS-Netz
  • Priorisierung bei der Rolloutplanung von intelligenter Ortsnetzstationen und weiteren Messystemen im NS-Netz
  • Unterstützung bei Netzanschlussanfragen für neue Einspeiser und Verbraucher


KI-basierter NS-Stresstest (Beta-Version):

Der KI-basierte NS-Stresstest bietet eine schnelle, datenbasierte Erstbewertung der Aufnahmekapazität von Niederspannungsnetzen für PV-Anlagen und neue Verbraucher. Der Stresstest ist insbesondere für Netzbetreiber interessant, die Ihre Niederspannungsnetze noch nicht vollständig rechenfähig vorliegen haben und eine Ersteinschätzung zu potenziell kritischen Niederspannungsnetzen benötigen. Auf Basis charakteristischer Netzstrukturparameter (z. B. Abgangslänge, eingesetzte Kabeltypen, Anzahl der Hausanschlüsse, Entfernung Hausanschlüsse zur Ortsnetzstation) und der jeweiligen Versorgungsaufgabe (installierte Last bzw. PV-Leistung, PV- oder Ladepunkte-Zubau) kann ein zuvor trainiertes KI-Modell eine Engpassklassifizierung in die folgenden Kategorien erstellen:

  • unkritisch (grünes Ampelsignal, kein Engpass erwartet),
  • eventuell kritisch (gelbes Ampelsignal, Engpass abhängig von der Verortung der Anlagen) und
  • kritisch (rotes Ampelsignal, Engpass erwartet)

Durchführung_des_KI-basierten_NS-Stresstests_für_alle_Ortsnetze

Neben der Engpassklassifizierung wird auch die Konfidenz des KI-Moduls bei der Einstufung ausgewiesen. Der KI-basierte NS-Stresstest benötigt für die Engpasseinschätzung keine rechenfähiges Niederspannungs-Netzmodell oder Lastflussberechnungen. Das KI-Modell wurde mit mehreren hundert realen Niederspannungs-Netzmodellen und mehren hunderttausend Ausbauszenarien von PV-Anlagen, Ladepunkten und Wärmepumpen trainiert.

Nutzen für den Netzbetreiber: 

  • Erst-Einschätzung des Belastungszustands im gesamten NS-Netz
  • Priorisierung der NS-Netze für die Erstellung rechenfähiger Netzmodelle
  • Priorisierung bei der Ausbringung von Messtechnik in den NS-Netzen


Neben dem NS-Stresstest unterstützen wir Sie gerne bei der Entwicklung einer strategischen Zielnetzplanung für Ihr Mittel- und Niederspannungsnetz und bei der Auswahl geeigneter Planungswerkzeuge für Netzoptimierung, Flexibilisierung, Netzverstärkung und Netzausbau. Mit dem NS-Stresstest bieten wir einen niederschwelligen Einstieg in die Analyse der NS-Netze und liefern einen wichtigen Beitrag zur Priorisierung bei der gesetzlich verpflichtenden Digitalisierung der Niederspannung.
Sprechen Sie uns an!

Dr. Andreas Nolde
Partner
E-Mail

Dr. Markus Kraiczy
Manager
E-Mail

Zurück zu Webmagazin